Initiative für
Wissenschaftliche Medizin

Homöopathen versuchen, in Ärztekammermedien zu mobilisieren

Es ist verständlich, wenn die Homöopathieglaubensgemeinschaft und die Homöopathieindustrie langsam nervös werden, wenn sie bemerken, daß sich die Anzahl der Homöopathiegläubigen unter den Patienten möglicherweise verringert. Daher wird versucht, in Kammerpublikationen gegen seriöse Information zu mobilisieren.

Zumindest in zwei Landesärztekammerzeitungen wurden heuer Streitschriften Pro-Homöopathie veröffentlicht.

In den "Mitteilungen der Ärztekammer Tirol" 2019/1 auf Seite 28 - "Update zur Komplementärmedizin - Fakten zur Homöopathie" und in "Consilium" 09/2019 der Niederösterreichischen Ärztekammer ab Seite 17 "Homöopathie - echt jetzt?".

Der Artikel aus Tirol mokiert sich vor allem über die möglichen ökonomischen Folgen einer Abkehr der Patienten von der der Homöopathie für Homöopathen, der sonst so oft beschworene "mündige Patient" und die "Wahlfreiheit der Patienten" sind da plötzlich gar nicht mehr erwünscht. Informationen über den Stand der seriösen medizinischen Wissenschaft werden als Bedrohung gesehen.

In beiden Artikeln wird u.a. eine Studie über die homöopathische Zusatzbehandlung bei Sepsis mit dem Erstautor Michael Frass aus dem Jahr 2005 als "Beweis" für die Wirksamkeit der Homöopathie angeführt. Diese Publikation wird auch bei vielen anderen Gelegenheiten mantraartig von den Homöopathiegläubigen zitiert. Wer sich vielleicht bisher davon auch beeindrucken hat lassen - eine ausführliche Kritik dieser Publikation durch den amerikanischen Infektiologen Mark Crislip kommt zu einem völlig anderen Ergebnis.....Mark Crislip fasst am Ende zusammen: "This is not a lousy study; it is a joke." Diese Kritik ist unserer Meinung nach auch für Nichtmediziner verständlich formuliert. Es gibt auch eine deutschsprachige Kritik allerdings nicht von Medizinern, sondern von der Physikerin Ute Parsch und Diplomingenieur für Maschinenbau Norbert Aust, dazu auch Stellungnahmen des Erstautors M. Frass. Eine Zusammenfassung der Systematischen Reviews der Homöopathie hier.

Zum skurrilsten Inhalt der Publikation aus Tirol zählt wohl die Bemerkung, dass Homöopathen fordern, den Rektor der MeduniWien vor den Disziplinaranwalt der Ärztekammer zu zerren, weil er sich öffentlich negativ über die Homöopathie geäußert hatte. Das erinnert an die Versuche des Homöopathikaproduzenten Hevert, mittels Klagsdrohungen zu verhindern, daß jemand den Stand der medizinischen Wissenschaft öffentlich darlegt.

Wie Frau Dr. Schöpf berichtet, erhalten (vom Stand der medizinischen Wissenschaft?) betroffene Kolleginnen Rückendeckung von ihren Länderkammern und der Österreichischen Ärztekammer. Was kann man sich unter einer solchen Rückendeckung vorstellen?

In dem Artikel wird zwar das Statement der EASAC zur Homöopathie erwähnt, man läßt es aber verständlicherweise unerwähnt, dass dort der Methode keinerlei über Placebo hinausgehende Wirkung zugeschrieben wird.

Die vielbeschworene Bindung der Homöopathieausübung an Ärzte verblasst, wenn man weiß, daß die überwiegende Menge der Homöopathika in der Apotheke direkt ohne lange Anamnese und Rezept über den Ladentisch geht.

Lesen Sie die beiden Artikel der Komplementärmedizinreferenten und wundern Sie sich.