Anfrage an die Gesundheitsministerin am 19.3.2017 bezüglich Pseudomedizinkongress im Gesundheitsministerium
Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Kollegin!
In den Räumlichkeiten des Gesundheitsministeriums wird vom 31.3.-1.4.2017 ein Kongress mit dem Titel „Integrative Onkologie“, veranstaltet von einem „Dachverband österreichischer Ärzte und Ärztinnen für Ganzheitsmedizin“, stattfinden.
Ich habe auf der Website der „Initiative für Wissenschaftliche Medizin“ das Ergebnis meiner Recherchen dargelegt, wofür dieser Dachverband steht, was seine Mitgliederorganisationen vertreten, was „Ganzheitsmedizin“ ist, welche Vortragsthemen es geben wird und welche Firmen diesen Kongress unterstützen.
Zahlreiche Vorträge dieses Kongresses beschäftigen sich mit pseudomedizinischen Methoden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht nachweisbar ist.
Die pseudomedizinischen Vorstellungen vieler Mitgliedsorganisationen dieses Dachverbandes halte ich für völlig absurd.
Dadurch, daß das Bundesministerium für Gesundheit einer solchen pseudomedizinischen Veranstaltung in seinen Räumlichkeiten die Gelegenheit gibt, ihre der medizinischen Wissenschaft wiedersprechenden Vorstellungen zu präsentieren, setzt das Ministerium ein meiner Meinung nach fatales Signal an die Öffentlichkeit. Noch dazu hat wieder der Wiener ÄK-Präsident den Ehrenschutz übernommen und es gibt einen Publikumstag, an dem die pseudomedizinische Industrie potentielle Kunden zu fangen versuchen wird. All das wird in den Augen des Laienpublikums als Garant für Seriösität verstanden werden.
Es ist mir unverständlich, daß eine solche unglückliche Zusage von Seiten des Ministeriums zustande gekommen ist. Hat man sich im Ministerium von einem Professorentitel blenden lassen, ohne genauer nachzuforschen, worum es tatsächlich geht? Braucht das Ministerium die Einkünfte aus Veranstaltungen in seinen Räumlichkeiten so dringend, daß es auch solche akzeptiert, deren Inhalte in Widerspruch zur medizinischen Wissenschaft stehen? Es ist mir klar, daß das Kind nunmehr schon in den Brunnen gefallen ist und man diese Zusage einhalten müssen wird.
Aus allen Ihren persönlichen Auftritten in den Medien habe ich den Eindruck gewonnen, daß Sie eine seriöse Vertreterin einer wissenschaftlich orientierten Medizin sind.
Vielleicht wäre es daher auch in Ihrem persönlichen Interesse, daß in Zukunft Räumlichkeiten des Ministeriums für pseudomedizinische Veranstaltungen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden und alle derartigen Ansinnen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden, bevor eine Zusage nur auf Grund von schönen Worten, Titeln oder Bezahlung gegeben wird. Eine Mitwirkung des Gesundheitsministeriums an der Verbreitung von Pseudomedizin ist sicher auch nicht im Interesse der Bevölkerung.
Mit kollegialen Grüßen
Viktor Weisshäupl
FA für Anästhesiologie i.R.